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Tips für den Start in's Kletterleben

Was nicht unbedingt in Lehrbüchern steht


Ziehen Sie nicht auf eigene Faust los
Lassen Sie sich in das Klettern von jemandem einführen, der selbst schon seit vielen Jahren klettert und alle Tricks und Kniffe kennt.
Klettern Sie niemals ohne erfahrenen Führer, wenn Sie die Details der Sicherungstechnik in erster Linie nur aus dem Lehrbuch kennen. Klettern ist eine relativ sichere Natursportart, wenn man weiß was man wann sicherungstechnisch zu tun hat. Wenn man mit mangelnden Kenntnissen der Sicherungstechnik am Fels ist, können auch scheinbar kleine Fehler lebensgefährliche Situationen herbeiführen.

Kletterkurse nur als Notlösung
Bezahlen Sie einen Kletterkurs nur dann, wenn Sie keine andere Möglichkeit finden mit dem Klettern zu beginnen. Oder aber Sie wollen nur einmal in das Klettern "hineinschnuppern".
Kletterkurse für Anfänger können in der kurzen Zeit von ein paar Tagen nicht sehr viel eigentliches Klettern vermitteln, da in der Regel viel Zeit mit dem Erlernen der sicherungstechnischen Grundbegriffe und -verhaltensweisen zugebracht werden muß. Zudem gibt es bei Kursen mit vielen Teilnehmern pro Führer immer auch entsprechend viel Leerlauf. So verpufft eine solche Investition oft ohne besonders nachhaltige Wirkung.
Mißtrauen Sie kommerziellen Anbietern, die Ihnen versprechen, Sie in ein paar Tagen oder einer Woche für einen bestimmtes Können fit zu machen oder Ihnen nach Beendigung des Kurses ein "Kletterdiplom" oder ähnliches versprechen.

Suchen Sie Anschluß
Alleine - "solo" - Klettern ist Könnern vorbehalten. Wenn Sie nicht unbedingt mit einem Kletterkurs beginnen wollen, suchen Sie sich eine Gruppe von Kletterern, der Sie sich anschließen können, und die Ihnen das Klettern beibringen kann (für Anfänger keine zu unterschätzende Hürde).
In den meisten Fällen wird es das günstigste sein, wenn Sie sich an die nächstgelegene Sektion des Deutschen Alpenvereins wenden. Auf der jeweiligen Geschäftstelle können Sie sich nach der Klettergruppe der Sektion erkundigen. Aber es gibt selbstverständlich auch Möglichkeiten außerhalb des Alpenvereins das Klettern zu Lernen. Es existieren z.B. durchaus etliche Sportvereine, die Klettern grundsätzlich im Programm haben. Viele Universitäten bieten in ihren Programmen für Hochschulsport Klettergelegenheiten an - eine interessante Alternative für Studenten.
Wenn Sie das erste mal zu einer fremden Klettergruppe hinzustoßen, bringen Sie die Absicht mit, zur nächstbesten Gelegenheit zum Klettern mitzugehen - am besten ein ganzes Wochenende. Am Fels lernen Sie Ihre zukünftigen Kletterpartner und -freunde kennen, nicht in geschlossenen Räumen.
Seien Sie gerüstet für Wochenenden im Zelt.

Nur das Nötigste an Ausrüstung
Geben Sie als Anfänger nicht unnötig Geld für Klettermaterial aus, das Sie als Anfänger nicht brauchen werden. In der Regel langt für den Beginn mit einem erfahrenen Kletterpartner ein Anseilgurt, ein Paar Kletterschuhe, einige wenige Karabiner, eine bis zwei Bandschlingen sowie eine Seilbremse und ein Abseilachter.
Lassen Sie sich von Ihrem Kletterpartner in Ausrüstungsfragen beraten. Viele, die diesen Sport schon viele Jahre betreiben, haben im übrigen so viel Material gehortet, daß sie für die ersten "Gehversuche" am Fels mit dem nötigsten aushelfen können.

Denken Sie an die Natur
Verhalten Sie sich immer umweltschonend, am besten nach der klassischen Outdoor-Philosophie keine Spuren zu hinterlassen.
Machen Sie sich mit dem Thema Klettern und Naturschutz vertraut. Lernen Sie Ihre Klettergebiete nicht nur als Kletterrevier sondern auch als Biotop kennen. Sehen Sie in den Felsen kein Sportgerät sondern einen Partner, den Sie bewahren und schützen müssen.
Beschäftigen Sie sich mit der Problematik der Kletterverbote. Beachten Sie bestehende Kletterreglungen. Engagieren Sie sich gegen unsinnige oder überzogene Kletterbeschränkungen.

Lassen Sie sich Zeit
Verderben Sie sich nicht den Spaß am Klettern durch zu großen Ehrgeiz. Das Erlebnis sollte Ihnen wichtiger sein, als allein einen bestimmten Schwierigkeitsgrad zu meistern.
Denken Sie daran, daß das "Wie" einer Begehung wichtiger ist als das "Was".
Lassen Sie sich als Anfänger nicht von Kletterpartnern, Kletterführern oder Trainern unnötig unter Druck setzen. Entwickeln Sie ein Gefühl für Ihre eigene Leistungsfähigkeit, Ihre klettertechnischen Stärken und Schwächen.
Wenn Sie beim Klettern im Nachstieg mehr im Seil sitzen als sich zu bewegen oder ständig Seilzug benötigen, sollten Sie es besser mit einer leichteren Route versuchen - Ausnahme: Sie möchten anhand dieser Route explizit eine bestimmte Klettertechnik einüben.

Klettern Sie draußen
Erlernen Sie das Klettern an Naturfelsen. Künstliche Kletterwände bieten gegenüber dem natürlichen Fels nur ein sehr eingeschränktes Spektrum an Strukturen und Bewegungsformen. Sie erlernen die hallentypischen Bewegungsformen zwar schnell und können am Kunstfels rasch in höhere Schwierigkeitsgrade vordringen. Wenn es Sie aber nach monate- oder jahrelangem Hallenklettern einmal an natürlichen Fels verschlägt, und Sie kein über allen Durchschnitt erhabenes Klettertalent sind, werden Sie überrascht sein, welche Ansprüche die Baumeisterin Natur an Bewegungsmustern und Bewegungsphantasie an Sie stellt.

Klettern Sie vielfältig
Fixieren Sie sich als Anfänger nicht darauf, allein in ein paar wenigen Klettergebieten unterwegs zu sein. Lassen Sie sich von der Vielfalt der Klettergebiete, der Gesteine, der Landschaften und nicht zuletzt auch von den verschiedenen Spielformen des Kletterns selbst begeistern. Lernen Sie neue Bewegungsmuster und Klettertechniken kennen, in dem Sie an vielen verschiedenen Gesteinsarten Klettern.
Legen Sie sich als Anfänger nicht zu früh auf eine bestimmte Spielform fest. Bleiben Sie immer offen für anderes. Wenn Sie gerne Bouldern, fahren Sie auch mal in die Berge und umgekehrt.
Denken Sie daran, daß nur der Kletterer einen bestimmten Schwierigkeitsgrad wirklich beherrscht, der diese Schwierigkeit in vielen verschiedenen Gebieten mit unterschiedlichen Gesteinen, Routenlängen sowie kletter- und sicherungstechnischen Ansprüchen bewältigen kann.

Anfänger brauchen kein Krafttraining
Viel Kraft ist verlockend, da man schnell in höhere Schwierigkeitsbereiche vordringt.
Das Problem bei Anfängern besteht aber darin, daß diese zunächst lernen müssen auch am Fels auf den Füßen zu stehen, anstatt an den Armen zu hängen. Dies zu erlernen wird erfahrungsgemäß schnell vernachlässigt, wenn Anfänger viel Kraft haben - genügend Kraft um sich überall hochzuziehen. Eine solche Entwicklung rächt sich aber irgendwann in höheren Schwierigkeitsgraden. Ab einem bestimmten Niveau geht es einfach nicht mehr ohne Technik. Sie geraten in eine Sackgasse.
Da das Klettern am Kunstfels tendenziell sehr athletisch ist, und Sie durch das Kunstwand-Klettern schnell Kraft aufbauen, gibt es als Anfänger noch einen Grund mehr, sich nicht zu häufig an Kunstwänden blicken zu lassen.
Da Kinder im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht viel Kraft besitzen, und diese wachstumsbedingt sehr schnell steigern, ist dieser Aspekt vor allem bei Kindern zu beachten.
Die relative "Kraftlosigkeit" als Anfänger ist im übrigen ein Grund dafür, warum sich viele kletternde Frauen eine bestechende und vielen Männern überlegene Klettertechnik angeeignet haben.

Nicht zu früh vorsteigen
Anfänger sollten erst einmal Klettern-Lernen statt Vorsteigen-Lernen.
Bevor Sie an das Vorsteigen denken, sollten Sie die grundlegenden Klettertechniken beherrschen und sich ein Mindestmaß an Kletter- und Sicherungsroutine angeeignet haben. Das Erlernen der verschiedenen Klettertechniken sollte daher zu Beginn Vorrang haben, vor dem Erlernen der speziell für den Vorstieg benötigten Sicherungskenntnisse.
Die Länge der Nachsteiger-Phase ist aber natürlich von verschiedenen Faktoren abhängig. Wer Klettertalent besitzt und mit der Sicherungstechnik keine Probleme hat, kann ebenso frühzeitig an den Vorstieg herangehen, wie jemand, der nur im perfekt abgesicherten Klettergarten oder an der Kunstwand unterwegs ist. Vorsicht ist dann aber beim Besuch von Klettergebieten geboten, die anspruchsvolleres Terrain bieten, welches z.B. selbst abgesichert werden muß, unübersichtlich oder brüchig ist.
Man sollte sich außerdem immer bewußt sein, daß Erfahrung und Routine nicht erlernbar sind, sondern einem erst mit der Zeit zu Teil werden.

Das Abklettern-Lernen nicht vergessen
Dieser Hinweis mag zunächst etwas sonderbar erscheinen, schließlich wollen wir doch alle nach oben klettern - oder?
Das mag so sein, aber dennoch kommt man gelegentlich in die Situation zumindest leichteres Gelände sicher seilfrei abklettern zu müssen. Man muß dazu nicht unbedingt in die Berge fahren. Bei einem Trip nach Südfrankreich können einem Abstiege mit Kletterpassagen ebenso begegnen, wie an britischen Klippen oder in nordamerikanischen Canyons.
Auf jeden Fall sollte man gewappnet sein. Abklettern ist ja prinzipiell nicht schwieriger als hochklettern. Viele Leute haben aber trotzdem erhebliche Probleme damit, weil es selten bis nie praktiziert wird. Das muß nicht sein.
Deswegen der Tip für alle, die mit dem Abklettern so ihre Schwierigkeiten haben und/oder später auch außerhalb des reinen Klettergartengeländes unterwegs sein wollen: Abklettern üben ist kein Makel!



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