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Sportklettern - Klärung eines Mißverständnisses Als "Nichtsachse", der die Sächsische Schweiz als sein Lieblingsklettergebiet bezeichnet, verfolge ich die Arbeit der AG Felsklettern zwar als Außenstehender, aber dennoch mit großem Interesse - so auch den o.g. Artikel von Gunter Hommel. Früher war ich immer wieder verblüfft über die Inkonsequenz mit der weit verbreitete Regelverletzungen (Hilfsbohrer, Skyhooks, Massivkletterei) geduldet wurden. Da überrascht es heute kaum mehr, daß nun die Forderung nach einer Aufweichung oder gar einer Abschaffung der Kletterregeln so massiv vorgetragen wird, wie in letzter Zeit. "Die Regeln müssen weg, wir wollen Sportklettern!", fordern die einen. "Die sächsische Klettertradition darf nicht durch das Sportklettern kaputtgemacht werden!", warnen die anderen. Falsch! Fälschlicherweise wird der Begriff "Sportklettern" immer wieder - vor allem in traditionell geprägten Gebieten, wie eben z.B. in Sachsen sowie im Bergsteigerlager - als "das (regelfreie?) Klettern von sehr gut abgesicherten (übersicherten) Routen möglichst nahe der persönlichen Leistungsgrenze" mißverstanden oder sogar mit "Wettkampfklettern" verwechselt (s. DAV-Mitteilungen). Der Begriff "Sportklettern" entstammt der Zeit anfangs der Siebziger Jahre, in der
in Westdeutschland und im Alpenraum die Wiederentdeckung des Freiklettergedankens die
Erkenntnis mit sich brachte, daß das Klettern einen Wert an sich darstellt. Vor
dieser Zeit wurde das Klettern nur als Teil des Bergsteigens angesehen und damit als
ein Mittel unter vielen (Bergwandern, Gletscherbegehungen, Eisklettern, …) die Gipfel
hoher und höchster Berge zu erreichen. Das Klettern in den Mittelgebirgen diente
(in Westdeutschland) vor allem in der Nachkriegszeit vielfach nur dem Training für
Unternehmungen in den Alpen und an den Weltbergen. Das Klettern emanzipierte sich von
dieser Rolle und wurde (wieder) als Selbstzweck und damit als eine eigenständige
Sportart angesehen. "Vielfach wird heute noch zwischen dem traditionellen sächsischen Bergsteigen mit etwas größeren Abständen zwischen den Sicherungspunkten und der Pflicht, neue Routen von unten (also genau so, wie später auch geklettert werden soll) mit Sicherungsringen auszustatten und dem sogenannten Sportklettern (mit Ringabständen von teils weniger als einem Meter) unterschieden. Für mich stellt aber dieser Begriff des Sportkletterns nur eine Verlotterung der traditionellen, seit über 100 Jahren anerkannten Kletterregeln dar und keinen Zweig, der das Bergsteigen bereichern könnte." (Zitat aus einer anonymen Internet-Seite). Solche und ähnliche Aussagen beruhen auf einem groben Mißverständnis: Es ist also strenggenommen auch nicht sinnvoll, einer Kletterroute das Prädikat
"Sportkletterei" zu geben, da es sich in dieser Sache nicht um eine Frage nach objektiven
Werten einer Kletterroute (Absicherung, Schwierigkeit) handelt, sondern um eine Frage
nach subjektiven Werten (warum klettere ich, wie klettere ich) jedes einzelnen Kletterers. Das Infragestellen der sächsischen Kletterregeln hat meines Erachtens mehr mit der umsichgreifenden Reduzierung des "Erlebnisses Klettern" auf den reinen Schwierigkeitsgrad zu tun. Je höher der Schwierigkeitsgrad, desto größer das Erlebnis - anhand dieser Formel wird verständlich, warum dem Erschließen gut abgesicherter Routen heute eine so große Bedeutung beigemessen wird. Dies ist die Sackgasse, in die der Klettersport zu geraten droht. Nun mag der ein oder andere einwenden, daß gerade eine solche Reduzierung das Sportklettern ausmacht. Dies halte ich allerdings für einen Irrtum. Jede Sportart bietet dem Sportler ein Erlebnis, das über die Erfahrung der eigenen Leistungsfähigkeit hinausgeht, z.B. ein Mannschafts-, Zweikampf- oder Spielerlebnis. Die Erlebnisse beim Klettern können sehr vielfältig sein. Ein Abschalten dieser Reize bringt das Klettern auf das Niveau von Bodybuilding, bei dem nichts anderes interessant ist als physische Kraft. Das Klettern im Elbsandsteingebirge sollte sich seine Eigenart und Ursprünglichkeit bewahren, daran herrscht für mich kein Zweifel. Das traditionelle sächsische Klettern muß ein Gegengewicht zu der immer weiter fortschreitenden Vereinheitlichung der Klettergebiete und -stile sein, ein Gegengewicht zu immer mehr Bohrhaken, künstlichen Griffen und uniformen Kletterrouten. Man kann für den Erhalt des sächsischen Regelwerkes sprechen oder dagegen - nur: Christoph Deinet, Kelkheim |
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